DHZ 02/2009 - page 7

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DEUTSCHE
HEBAMMEN
ZEITSCHRIFT 2 |2009
freiberuflichkeit & wirtschaftlichkeit
wenn man bemerkt, dass man in der
restlichen Zeit, wie etwa am späten
Nachmittag, noch nicht das erreicht hat,
was man sich für den Tag vorgenommen
hat. Kennen Sie das auch? Plötzlich sind
wir deutlich schneller und zielgerichte-
ter als vorher, erledigen eine Aufgabe
nach der anderen in atemberaubender
Zeit und sind am Abend ausgesprochen
zufrieden mit uns selbst.
In der Zeitmanagement-Literatur
finden Sie hierfür das Pareto-Prinzip.
Ziellos arbeiten wir oft am Tage vor uns
hin und stellen nach 80 Prozent der
Zeit fest, dass wir nur einen kleinen Teil
unserer Ziele (20 Prozent) erreicht ha-
ben. In der restlichen Zeit (20 Prozent)
erledigen wir dann in Windeseile die
restlichen Aufgaben (80 Prozent).
Welche Tipps gibt es, aus diesem
„Teufelskreis“ herauszukommen?
Dwight D. Eisenhower, der acht Jahre
lang Präsident der USA war, hat hier-
für ein einfaches Schema entwickelt
(Seiwert 2007): Er entschied die Frage,
wofür er seine Zeit einsetzen wollte,
nach den beiden Kriterien Wichtigkeit
und Dringlichkeit, dem nach ihm be-
nannten Eisenhower-Prinzip.
Grundsätze zur Entscheidung
Vier Aufgabenarten ergeben sich bei der
Hebammenarbeit, zu denen ich Ihnen
ein paar typische Beispiele aus meinen
Seminaren schildere: A-Aufgaben sind
sowohl wichtig als auch dringlich (im
Quadranten oben links).
Eine wichtige Aufgabe nie dringend
werden lassen!
Stellen Sie sich vor, Hebamme W. will
eine Praxis eröffnen. Eine dabei wich-
tige Aufgabe ist es, die Presse zur Eröff-
nung der Praxis einzuladen und dazu
eine Pressenotiz vorbereitet zu haben.
Diese Aufgabe wird kurz vor der Eröff-
nung plötzlich dringlich. Jetzt setzt sie
sich hin und versucht zu formulieren.
Allerdings ist sie hierin nicht sehr geübt.
Sie braucht verhältnismäßig viel Zeit
dafür – und das kurz vor der Eröffnung.
Vier Wochen vor der Eröffnung wäre
dies eine typische B-Aufgabe gewesen,
die gut an eine in der Pressearbeit erfah-
rene Nachbarin zu delegieren gewesen
wäre – vielleicht hatte sie sogar eine
Pressefrau im Kundenkreis.
Ein ähnliches Beispiel betrifft den
PC. Eine unregelmäßige Datensiche-
rung, die ebenfalls gut zu delegieren
wäre, kann zu einer kleinen Katast-
rophe führen, die gegebenenfalls viel
Arbeitszeit kostet.
B-Aufgaben sind im oberen rechten
Quadranten beschrieben. Sie sind wich-
tig, haben aber noch Zeit, sind also nicht
dringlich. Die beschriebene Pressenotiz
ist eine solche Aufgabe. Eines der Kenn-
zeichen von B-Aufgaben ist es, dass
diese, wenn sie früh genug angepackt
werden, zum Teil von anderen erledigt
werden können. So kann Hebamme W.
die Pressenotiz von einer Bekannten
erstellen lassen oder die regelmäßige
Datensicherung von ihrem Sohn gegen
ein Taschengeld. Wenn Ihnen eine
gute Haushaltsführung wichtig ist, sind
Putzen und Kochen auch gute Bereiche,
die delegiert werden können.
Nein“ sagen lernen
C-Aufgaben, im rechten unteren Qua-
dranten dargestellt, sind dringlich aber
nicht wichtig. Dies ist oft die Masse
an Aufgaben, die man sich vornimmt,
obwohl man weiß, dass sie einen nicht
wirklich nach vorne bringen. Es sind
meist viele kleine Aufgaben, die man
annimmt, obwohl man oft eigentlich
keine Lust dazu hat oder schon weiß,
dass es schwer fallen wird, sie zu erle-
digen. Es sind auch Aufgaben, die an
einen delegiert werden, weil jemand
anderes sie genauso ungern tut wie man
selbst. Sie wissen sicherlich, wovon ich
spreche! Die wirkungsvollste Reaktion
auf diese Aufgaben ist zu lernen, „Nein“
zu sagen.
„Nein“ beispielsweise zu gewissen
Vorstellungen von Patientinnen, was
alles in Ihrem Betreuungsangebot lie-
gen soll. „Nein“ aber
auch zu Ansprüchen
aus der Familie, die
anders verteilt wer-
den könnten – zum
Beispiel an die Kinder,
was sie in ihrer Selbst-
ständigkeit unterstüt-
zen könnte und Ihnen
als Mutter freie Zeit
für die Beschäftigung
mit Ihren Kindern ver-
schaffen würde.
Sofort in den
Papierkorb
Last but not least der
D-Bereich: Aufgaben,
die weder wichtig
noch dringlich sind.
Häufig können wir
uns von Dingen, Ide-
en oder vorgenomme-
nen Aufgaben einfach
nicht trennen. Wir
stapeln Zeitschriften,
zu deren Lektüre wir
über Wochen oder
auch nie kommen;
führen Listen über
Aufgaben und Ideen,
beispielsweise wen
wir nochmals kontaktieren wollen oder
welche Zusatzleistungen wir anbieten
wollen. Aber wirklich wichtig ist uns
dies alles nicht – sonst hätten wir es
längst getan!
Der Tipp hierzu: entweder sofort
tun, zum Beispiel die Zeitschrift lesen,
oder wegwerfen. Wenn Sie es letzte-
res nicht übers Herz bringen, legen
Sie einen Stapel an, den Sie mit dem
heutigen Datum versehen – diesen
werfen Sie dann konsequent nach
Christa von der Heiden
ist Diplom
Betriebswirtin. Sie besitzt über 20
Jahre Berufserfahrung in Führungs-
positionen in Marketing, Vertrieb
und Qualitäts- sowie Personalma-
nagement. Seit 1997 ist sie selbst-
ständig als Beraterin und Trainerin
für Marketing und Qualitätsmanage-
ment tätig. In über 50 Seminaren
und Veranstaltungen mit über 1.500
teilnehmenden Hebammen hat sie
über betriebswirtschaftliche Fragen
des Hebammenberufs referiert. Sie
hat sich intensiv mit der Hebammen-
Gebührenordnung und Belegverträ-
gen auseinandergesetzt.
Kontakt:
die autorin
Horschitz, H.; Selow, M.: Hebammengebüh-
renrecht. Mabuse-Verlag (2008)
Seiwert, L. J.: Das neue 1x1 des Zeitmanage-
ment: Zeit im Griff, Ziele in Balance. Gräfe und
Unzer (2007)
Seiwert, L. J.: Noch mehr Zeit für das Wesent-
liche. Ariston-Verlag (2007)
Literatur
I,II,1,2,3,4,5,6 8,9,10,11
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