DHZ 02/2009 - page II

DEUTSCHE
HEBAMMEN
ZEITSCHRIFT 2 |2009
EDITORIAL
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Titelthema:
Christiane Schwarz
Die Redaktion
I
n meiner Familie galten Frei-
berufler als Menschen, denen
man nicht trauen kann. Haben
sie keine Stelle gefunden? Sind
sie arm, ist das ein Beweis für ihre
Unfähigkeit. Oder sind sie etwa
reich – dann sind sie erst Recht
verdächtig. In 21 Jahren, in denen
ich überwiegend freiberuflich in
eigener Praxis tätig war, habe ich
tatsächlich Hebammen getroffen,
die selbstständig arbeiten, weil sie
keine Stelle gefunden haben. Oft habe ich mich mit Kollegin-
nen ausgetauscht, die am Existenzminimum leben, darunter
viele Alleinerziehende. Unfähig war keine davon, aber die
meisten waren nicht besonders gut in Betriebsführung
ausgebildet. Fällt das unter „Unfähigkeit“? Und zum Thema
„verdächtig“: Es gibt immer mal wieder Pressemeldungen
über Abrechnungsbetrug; aber möglicherweise wurden die
beteiligten Hebammen in der Presse auch überdimensional
ins Rampenlicht gerückt, weil dieses Verhalten so gar nicht
zum Bild der fürsorglichen, mütterlichen Rolle passt und
daher besonders schockiert.
D
ie Fragen, die mir heute durch den Kopf gehen,
wenn ich über Freiberuflichkeit und Wirtschaftlichkeit
nachdenke, sind ganz anders: Was ist eigentlich Wert,
was ist Reichtum? Was ist wichtiger: die materielle, die intel-
lektuelle oder die spirituelle Seite von Vermögen? Wie drückt
sich Anerkennung im materiellen Maßstab aus? Unterschei-
det sich das bei Männern und Frauen? Wie kommt es, dass
Frauen für die gleiche Arbeit weniger verdienen als Männer,
dass typische Frauenberufe im niedrigen Lohnniveau ange-
siedelt sind? Wer sagt eigentlich, was ich wert bin – meine
Arbeit, meine Erfahrung, die Qualität meiner Betreuung? Wie
wahr, wichtig und richtig ist es, die Menge meiner Arbeit im
direkten Zusammenhang mit der Höhe des Einkommens
zu erleben? Ein Ausdruck aus der Zeit, als mein Sohn noch
klein war und ich in der Hausgeburtshilfe tätig, fällt mir ein:
„soziale Schulden“. Soziale Schulden sind Schulden, die nicht
in Geld gemessen werden, sondern in schlechtem Gewissen.
„Ich muss nochmal los, ein Hausbesuch nur, kannst du mal
mein Kind nehmen? Und dafür nehm ich dann das nächste
Mal deines, du hast ja auch noch einmal gut, von der letzten
Geburt …“
F
ür diese Ausgabe der DHZ haben einige Kolleginnen
ihre Erfahrungen mit der Freiberuflichkeit geschildert,
die Suche nach der „richtigen“ Arbeitssituation, das
Abwägen zwischen den Kosten – materiell und sozial – der
Freiberuflichkeit und der Freiheit, selbstbestimmt zu arbeiten.
Was richtig ist, welche Kompromisse möglich sind, wo Er-
leichterung geschaffen werden kann und wo nicht, das muss
auch weiterhin jede Kollegin für sich selbst herausfinden.
Ich jedenfalls bin froh, dass die Vorurteile meiner Familie
mich nicht davon abgehalten haben, eine (meist) glückliche
Freiberuflerin zu werden.
Foto: DHZ
Christiane Schwarz: „Wer sagt eigentlich, was
ich wert bin – meine Arbeit, meine Erfahrung,
die Qualität meiner Betreuung?“
Frei und glücklich?
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